04 | 07 | 2023
Barbara Schönhart

Ein Drehtag in Eisenerz: Drei Lederschuhe und eine Weihnachtskrippe 

Unterschiedlicher könnten Geschichten nicht sein. Die eine handelt von einer Stadtgemeinschaft, porträtiert in einer Weihnachtskrippe, die freudig ein Neugeborenes begrüßt. Die andere von Qual und Tod und einer Gemeinschaft, die vergessen möchte und schließlich doch Verantwortung übernimmt.

Eisenerz ist ein höchst spannender Ort – landschaftlich und geschichtlich gesehen. Fährt man über den Präbichl, eröffnet sich einem eine wunderschöne Bergwelt. Dann geht es steil bergab ins dicht bebaute Tal. Heute leben noch knapp 4.000 Menschen hier und das lässt staunen: Eisenerz kann mit seinen acht Museen zu Recht als Museumstadt bezeichnet werden!

Zwei Gewinnergeschichten des Projekts Wer bist du: Steiermark? kommen aus der Stadt am Fuße des Erzbergs:

Die Panoramakrippe – Krippenmuseum Eisenerz

Ein Konvolut Lederschuhe – Stadtmuseum im alten Rathaus

Die Weihnachtskrippe (Panoramakrippe) – entstanden 1987 ‒ ist ein Zeitdokument der besonderen Art. Die dargestellten Personen sind porträtierte Bürger*innen. Die Bedeutung der Montanindustrie, des Sports und der Geselligkeit wird hier widergespiegelt. Inmitten der Stadt, mit ihren historischen Gebäuden und von einer spektakulären Berg(bau)welt umrahmt, tummelt sich das Leben. Wie könnte es anders sein: Im Zentrum der detailreichen Darstellung umrahmt ein Stolleneingang die Heilige Familie! Die Geschichte der Krippe erzählt uns Klaus Hochrinner, begleitet von einer weiteren guten Seele des Museums ‒ Anna Skender.

Im Krippenmuseum gibt es noch zahlreiche ältere und neuere Weihnachtskrippen unterschiedlicher Bauarten zu bestaunen. Einige wurden von passionierten Krippenfreund*innen an der Steirischen Eisenstraße gefertigt. Ich fühle mich beim Gang durchs Museum sofort in meine Kindheit zurückversetzt und freue mich trotz des herannahenden Sommers schon wieder auf die Weihnachtszeit. Wer sich für die Geschichte von Eisenerz interessiert, sollte am Krippenmuseum nicht vorbeigehen, denn auch im Keller des Museums kann man Stadtgeschichte erleben. Lassen Sie sich überraschen!

Fotos: UMJ/B. Schönhart | Letztes Bild: Oswaldikirche

 

Wir hatten das Glück, bei schönstem Wetter filmen zu dürfen. Von der sehenswerten Oswaldikirche hat man einen wunderbaren Blick auf die Stadt, und Edith Krapf – die Museumsleiterin des Stadtmuseums – hat uns einen Platz mit grandiosem Blick auf den Erzberg gezeigt.

Der Ort, an dem wir die zweite Gewinnergeschichte drehen, steht dem freudigen Ereignis der Geburt Christi entgegen. Es ist die bedrückendste Geschichte des Projektes und eine der grausamsten aus der Zeit des Nationalsozialismus in der Region rund um die Eisenerzer Alpen. Drei Lederschuhe erinnern an die 200 ermordeten ungarischen Juden, die von Süden kommend beim sogenannten Todesmarsch über den Präbichl getrieben wurden und aus reiner Lust am Töten hier ermordet wurden. Was genau geschah, erzählt uns Gerhard Niederhofer. Ihm ist es zu verdanken, dass es kein Vergessen gibt ‒ auch wenn man gerne vergessen würde, um nicht daran erinnert zu werden, wozu Menschen fähig sind. Gerhard Niederhofer, ein ehemaliger Lehrer, Obmann des Museumsvereins und passionierter Lokalhistoriker, ist Mitorganisator des "Lebensmarsches", der die Schüler*innen der Stadt jährlich zum 2004 errichteten Gedenkort an das Massaker am Präbichl führt. Er erzählt uns die Geschichte am Jüdischen Friedhof nahe des Leopoldsteiner Sees.

Im Museum im Alten Rathaus – untergebracht in einem Gebäude mit einer unglaublich schönen Fassadengestaltung am Bergmannplatz – erinnert man sich dieser Geschichte und erfährt hier auch viel Spannendes über das Leben der Arbeiter- und Bürgerschaft, die lokale Künstlerfamilie Tendler und historisch Bedeutsames zur Stadtentwicklung.

Das Museum wurde von Johann Krainz (Pseudonym: Hans von der Sann) gegründet und gilt als zweitältestes Museum der Steiermark!

Sonderausstellungen laden zu einem regelmäßigen Besuch ein. Wobei man hier immer wieder mal vorbeischauen sollte, denn das historische Gebäude hat neben den fantastischen Ausstellungsstücken in den repräsentativen Räumlichkeiten noch mehr zu bieten. Fahren Sie hin – mehr verrate ich nicht! Edith Krapf, die Museumsleiterin, führt uns mit ihrer heiteren Art durch die Räumlichkeiten und lässt uns – auch im Video – Einblicke in die Stadtgeschichte nehmen.

Fotos: UMJ/B. Schönhart

Wir verlassen Innerberg, wie Eisenerz einst genannt wurde, mit vielen Eindrücken im Gepäck wieder und freuen uns auf ein Wiedersehen!