20 | 05 | 2024
Ariane Kolb

"Was erzählst du: Steiermark?" - gelungener Veranstaltungsauftakt ganz im Zauber lange versteckter Blaudruckkunst

Verpackt und versteckt – und jetzt wieder blaumachen? Welche Erlebnisse verbinden wir mit dem Blaudruck? Was bedeutet er heute für uns? Diesen Spannungsbogen umfasste der Auftakt zu unserer Veranstaltungsreihe "Was erzählst du: Steiermark?", die im Rahmen des Projekts "Wer bist du: Steiermark?" stattfindet. Der heute thematisierte Blaudruckmodel aus Ilz ist, genau wie der Stern an der Mariensäule in Weiz, Preisträger des Projekts und beide standen bei der Veranstaltung im Mittelpunkt.

Wer Wissen zu diesen beiden Preisträgern auffrischen möchte, kann dazu in unseren Blogbeiträgen nachlesen! Mehr zum Stern der Mariensäule am Hauptplatz von Weiz findet sich hier und Informationen zur Blaudruckmodel aus Weiz gibt es hier.

Herzlich von Harald Polt im Weizer Stadtmuseum empfangen, ließen sich über 25 Gäste auf die lebhaft erzählten Geschichten zum Stern der Mariensäule am Weizer Hauptplatz ein. Erzählerischer Höhepunkt war sicher die zufällige Wiederentdeckung des Sterns und die Aufdeckung seiner ursprünglichen Rettung: 1945 wurde er in letzter Minute vor den einmarschierenden Russen in Sicherheit gebracht und erst kürzlich auf dem Dachboden einer dem Stadtmuseum zugeneigten Privatperson wiedergefunden. Dieser Fund stellt auf besonders schöne Weise die Handarbeit der Blaufärber aus Weiz dar.
Ergänzend brachte Ernst Peritsch passend zum Blaudruckmodel aus Ilz Erzählungen aus seiner Blaufärberfamilie mit. Besonders faszinierend war die Herleitung verschiedener heute noch gebräuchlicher Redewendungen, wie etwa "blaumachen": Beim Blaudruck oxidiert der Stoff an der Luft von Gelb zu Blau, daher muss er immer wieder eingetaucht und dann aufgehängt werden, um den gewünschten dunklen Blauton zu erreichen. Während der Stoff trocknete, warteten die Blaufärber – woraus sich einige recht entspannte Arbeitsstunden ergaben. Erstaunlich erscheint auch die Tatsache, dass blaue Kleidung im 17./18 Jahrhundert den ärmeren Menschen vorbehalten war, da Flachs selbst angebaut wurde und das daraus gewonnene Leinen dann mittels Kaltfärbung "schön gefärbt" werden konnte.

Während der Berichte der Herren Polt und Peritsch gab es schon rege Kommentare und Nachfragen vom Publikum. Toni Ithaler vom Ilzer Heimatmuseum merkte etwa an: "Es ist unglaublich, jedes Objekt trägt nicht nur eine Geschichte, sondern eine Vielzahl an Geschichten in sich, je nachdem, wer es betrachtet. Die Menschen, die darüber sprechen, tragen selbst immer so viel Neues dazu. So viele interessante, lustige oder traurige Geschichten, schön, dass sie hier zu Wort kommen! Das macht die Objekte und dadurch die Museen lebendig."

Die Besucher*innen standen jedoch ebenso wie die Objekte im Mittelpunkt: Nach einer kleinen Kaffeepause mit Zeit zum Plaudern und Vernetzen leiteten Anita Niegelhell und Albert Gramer, Vermittler*innen des Universalmuseums Joanneum, in weiterführenden Gesprächen zwei Gruppen an. Hierbei kamen faszinierende Geschichten und Erinnerungen zutage. Eine Gruppe vertiefte sich in Erinnerungen an erste Kleidungsstücke. Ein Herr erinnerte sich daran, mit seiner Urgroßmutter früher die Blaudruckmodel gesehen und erlebt zu haben, wie diese teils "umgemodelt" wurden, um neue Muster zu bekommen. Das Ummodeln, also ein leichtes Abändern vorhandener Muster, konnten die Färber selbst machen, nur ganz neue Muster wurden bei Handwerkern in Auftrag gegeben. Dass echter Blaudruck heute so teuer ist, lenkte das Gespräch auf die gegenwärtige Ressourcenverschwendung. Allerdings fand sich der positive Konsens, dass in Zukunft das Handwerk wieder an Bedeutung gewinnen könnte und sich somit auch für Museen Chancen bieten – als Orte, an denen diese Methoden weitergegeben werden können. In diesem Zusammenhang leisten Museen einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.
In der zweiten Gruppe konnten sich viele an den Umbau des Weizer Hauptplatzes erinnern, in dessen Zuge die Marienstatue versetzt wurde. Der Gastgeber Harald Polt will als Nächstes gerne erforschen, wie die Marienstatue überhaupt aufgestellt und der Stern genau angebracht wurde. Einige Besucher*innen hatten Ideen und so entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch über die Stadtgeschichte, das für alle lehrreich war. Schließlich war sich die Gruppe einig, dass der originale Stern nicht mehr an der Statue angebracht, sondern geschützt werden sollte.

Nach Abschluss der Veranstaltung fasste Heinz Kranzelbinder vom Römerzeitlichen Museum Ratschendorf zusammen: "Es war toll, dass so viele Museumsmenschen und -begeisterte zusammengekommen sind und sich austauschen konnten! Die Gäste von ihren Erfahrungen mit diesen Objekten erzählen zu lassen, war sehr ergiebig und zeigt mal wieder, wie lebendig Museen sind. Gabriele Wolf und das ganze Team des Museumsforums haben ein wunderbares Projekt umgesetzt!"

Nicht nur bei den Teilnehmer*innen, auch bei Museumsmitarbeiter*innen und dem organisatorischen Team hinterlässt die Auftaktveranstaltung einen äußerst schönen Eindruck. Die neue Blaudruckausstellung im Stadtmuseum Weiz ist um einige Facetten und Geschichten reicher und die Vermittler*innen des Universalmuseums Joanneums sind ganz begeistert von der Arbeit in Kooperation mit den anderen steirischen Museen. Anita Niegelhell und Albert Gramer fassen zusammen: "Wir haben den Auftakt als sehr gelungen empfunden, vor allem, weil sich wieder mal gezeigt hat, dass Museen lebendige Orte sind, wenn auch die Geschichten und Erinnerungen der Besucher*innen dort Platz finden können." Sie weisen auch darauf hin, "dass insbesondere die regionalen Museen auch Orte sein können, an denen Nachhaltigkeit in einer sehr umfassenden Weise sichtbar werden kann: Weil es dazu ein Wissen darüber braucht, woher wir kommen, um auf reflektiertere und bewusstere Weise zu wissen, wohin wir als Gesellschaft gehen sollen."

Alle Foto Credits: UMJ/A. Kolb

 

Die nächste Terminen unserer Veranstaltungsreihe sind hier zu finden:

Einladungskarte - La bloom design/Laura Gruber